Ein 1,70 Meter großer Grund, SPD-Mitglied zu werden

Veröffentlicht am 15.12.2019 in Adventskalender

Zunächst möchte ich mich gerne einmal vorstellen: Ich heiße Yavuz Selim Erdem, bin 25 und gebürtiger Landshuter. Mittlerweile wohne ich in Ergolding und kandidiere auf dem siebten Listenplatz der SPD für den Marktgemeinderat.

Politisiert war ich schon so lange ich denken kann. Es gab dafür nicht einmal einen Grund, das war nun einmal so. Auch meine Familie und meine langjährigen Freund*innen können bestätigen, dass ich mit 12 schon ziemlich viel über die Bundesregierung wusste. Ab ca. 15 Jahren fühlte ich mich in der politischen Linken zu Hause. Und wählen - das wollte ich schon immer.

Als es dann so weit war - es müsste die Landtagswahl 2013 in Bayern gewesen sein - habe ich lediglich eine ungültige Stimme abgegeben. Warum? Weil ich fand, dass keine Partei wirklich mich repräsentierte. Ich war Kind von Migrant*innen, frisch auf der Fachoberschule und fand, - bzgl. Themen wie Kopftuchverbot, Integration und ähnliches - dass fast alle Parteien ihre Politik auf dem Rücken einer Minderheit machten, der ich im Übrigen auch noch angehörte.

Im Jahr 2017 dann fand die Bundestagswahl statt und ich musste mit Sorgen festellen, dass die politische Rechte immer stärker wurde. Parteien, die Forderungen nach einer Entsorgung von Migrant*innen in ihrer Heimat erhoben, erreichten stellenweise mit jedem fünften Wähler Rekordwerte. Ich bin der Überzeugung, dass unter anderem die neoliberale Politik der Bundesregierung diesen rechten Rand stärker machte. Als die SPD dann - nach anfänglicher Skepsis - doch noch eine große Koalition bilden wollte und ein 1,70 Meter großer Mann sich dagegen stellte, habe ich nicht lange gefackelt und bin auch ebenjener Partei, deren Geschichte ich auch gut kannte, beigetreten, um Schwarz-Rot zu verhindern.

Der Rest ist Geschichte: Es hat zwar nicht geklappt und wir werden heute wieder von der schwarzen Null regiert, aber mir gefiel der Aufruf von Kevin Kühnert, eben jenem 1,70 Meter großen Mann. Er forderte nämlich Menschen wie mich auf, nicht sofort wieder auszutreten, sondern zu bleiben und Veränderungen anzustimmen.

So bin ich dann Mitglied der SPD geblieben. In den späten Jahrzehnten der letzten Dekade wählten viele Menschen ausländischer Herkunft die SPD, weil sie sich von ihr repräsentiert fühlten. Weil es damals hieß: Ja, die SPD, die kümmert sich um unsere Rechte. In den letzten Jahren hat die SPD dieses Image verloren, nicht zuletzt aufgrund von "Genossen" wie Thilo Sarrazin und Heinz Buschkowsky. Ich finde, es ist keine Lösung, "Migrant*innenparteien" zu gründen. Vielmehr müssen Nachfahren von Migrant*innien - so wie ich einer bin - sich in den etablierten Parteien engagieren. Ich bin nun aktiv in der SPD und möchte erreichen, dass die deutsche Sozialdemokratie wieder als Repräsentantin derjenigen gilt, die unsere Solidarität am nötigsten haben.

- Yavuz Erdem, Gemeinderatskandidat in Ergolding -

 
 

Jusos Niederbayern

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