Jusos Niederbayern positionieren sich zur Piratenpartei

Veröffentlicht am 29.05.2012 in Presse

(© Gerd Altmann / pixelio.de)

Landshut, 28.05.2012

Der Bezirksvorstand der Jusos Niederbayern hat sich auf seiner Sitzung zum Phänomen der Piratenpartei positioniert. Wir betrachten die Piraten nicht als Partner für eine emanzipatorische, linke Politik.

Die Piratenpartei -
keine Partnerin für den demokratischen Sozialismus!

Die Piraten erleben zurzeit einen enormen Hype und große mediale Aufmerksamkeit. Zum einen bedingt durch Wahlerfolge und aussichtsreiche Wahlumfragen, die ausführliche Berichterstattung in den Medien, aber auch durch den Umgang der anderen politischen Parteien, auch der SPD und der Jusos. Dabei sollten wir kritisch hinterfragen, was hinter dem Phänomen Piratenpartei steht, welche Inhalte sie vertreten (und welche eben auch nicht) und wie wir mit unserem Politik- und Gesellschaftsverständnis dazu stehen sollten. Auch die Diskussion auf dieser Landeskonferenz hat gezeigt, dass eine Auseinandersetzung mit den Piraten für die Jusos auf allen Ebenen notwendig ist.

Der Piratenpartei fehlt ein klassisches Merkmal einer Partei in unserem politischen System: Sie besetzt, anders als etwa die Grünen in den 1980ern oder Die Linke (nach der Agendapolitik) keine politische Lücke, kein unbearbeitetes Feld der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Sie spricht nicht Teile der Bevölkerung mit bestimmten gesellschaftlichen Interessen oder Weltbildern an, sondern ist ein Sammelbecken all derer, die unter Politik- und Parteienverdrossenheit leiden. Im aktuellen Politbarometer gaben 72 Prozent der Befragten an, mit den anderen Parteien unzufrieden zu sein und die Piraten aus Protest zu wählen. Eine Partei, die suggeriert den politisch Unzufriedenen eine neue Heimat zu bieten, ohne dabei tatsächliche programmatische und politische Alternativen zu entwickeln, halten wir für gefährlich.

Denn auch wenn eine Diskussion über Netzpolitik, wichtig sein kann und durchaus berechtigt ist, darf diese Debatte nicht über andere aktuell, wichtige politische Probleme gestellt werden. Durch die mediale Aufmerksamkeit, die den Piraten derzeit zu Teil wird und der Debatte über deren Inhalte, kommt es zu einer Verschiebung der Wahrnehmung der tatsächlich relevanten gesellschaftspolitischen Fragen. Die Euro-, Wirtschafts-, Schulden- und Finanzkrise, die Renationalisierung und Abgrenzung Europas, wachsende Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, sowie die Demokratiebewegungen in der arabischen Welt sind wichtige Themen auf welche die Piraten keine Antworten haben. Gleichzeitig wird die Debatte dieser Themen von der Diskussion über die Piratenpartei überlagert.

Die Themen, die von den Piraten aufgegriffen werden, sind seit jeher auch Themen, die in der SPD und bei den Jusos eine Rolle spielen. Wir sehen jedoch die Notwendigkeit, diese Themen in der SPD wieder stärker in den Focus zu rücken. Bei den Piraten werden Inhalte nur symptomatisch und oberflächlich analysiert, selbst in den Kernthemen wie Urheberrechte und Netzpolitik. Das widerspricht unserem Politikverständnis und zeigt: die Piraten sind weder eine linke Partei, noch eine progressive politische Kraft.

Wir Jusos stehen dafür, gesellschaftliche Fragen ursächlich zu begreifen und zu beheben. Wir können uns nicht mit oberflächlichen und populistischen Erklärungen und Lösungen zufrieden geben. Wir müssen die Politikverdrossenheit offen bekämpfen, die Menschen „da abholen wo sie sind“. Dies kann aber nicht dadurch geschehen, dass – wie bspw. im Falle der Piratenpartei – dem Unmut über die etablierten Parteien ein Entwurf regelrechter Politikunwilligkeit entgegengestellt wird, in dem nach dem Motto vorgegangen wird, „je weniger politische Expertise und je weniger inhaltliche Festlegung, desto besser.“ Die permanente Debatte ist für die Piraten Selbstzweck und sie verweigern sich klaren Positionierungen und politischen Entscheidungen.

Aus Sicht der Jusos kann nur das aktive Werben für eigene politische Positionen und Gesellschaftsentwürfe einen Weg aus der großen Unzufriedenheit mit dem politischen System bieten, die in weiten Teilen der Gesellschaft existiert. Nur wenn es uns gelingt die Menschen von unserer Vision einer gerechten und solidarischen Gesellschaft zu überzeugen, haben wir eine Möglichkeit, diese Vision auch Wirklichkeit werden zu lassen. Dass die Piraten durch ihren möglichen Einzug in die Parlamente auch noch die Chancen einer großen Koalition erhöhen, welche nur noch mehr Politikverdrossenheit hervorruft, sollte dabei auch nicht außer Acht gelassen werden.

Aus den genannten Gründen muss für uns Jusos klar sein, dass die Piratenpartei derzeit weder für uns noch für die SPD eine Partnerin für eine progressive Politik sein kann. Wir sehen es kritisch, dass die Akademien unter dem Dach der FES Fortbildungsseminare, auch nur für Piraten, durchführen. Wir wollen den Piraten keine Schützenhilfe leisten und damit den Politikunwilligen unter die Arme greifen. Die Zeit des Welpenschutzes muss vorbei sein.

Gleichwohl muss die inhaltliche Auseinandersetzung fortgesetzt und intensiviert werden, muss die Kommunikation zum Thema Piratenpartei nach innen und außen überdacht werden. Wir beauftragen daher den Juso- und den SPD-Landesvorstand sich inhaltlich und strategisch mit den Piraten auseinanderzusetzen.

 
 

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